Schaut man auf den deutschen Markt der Herstellerfirmen für Sammlungsverwaltungssoftware oder allumfassende Museumsmanagementsoftware und erkundigt sich welche Institution welches Programm nutzt, fällt auf vor allem eins auf: Viele der Anbieter*innen bedienen Einrichtungen in ihrem nahen Umfeld. So ist es nicht verwunderlich, dass der in Dresden sitzende Hersteller Robotron die Software für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) stellt.
Robotron (Robotron Datenbanksoftware GmbH) ist zum Großteil in der Energiewirtschaft tätig. Seit 2006 bietet sie auch für den Kultursektor die Sammlungsverwaltungssoftware robotron*Daphne an. Entstanden ist robotron*Daphne in Zusammenarbeit mit den SKD, die auf der Suche nach einer maßgeschneiderten Sammlungssoftware waren. Von der – zuerst als „Museumsdatenbank“ betitelten Software – verwandelte sie sich schließlich in die „Daphne“. In Anlehnung an die mythologische Erzählung über Daphne, die sie sich in einen Lorbeerstrauch verwandelt, entschied man sich zusammen mit den SKD für diesen Namen. Denn metaphorisch betrachtet verwandeln sich in der Sammlungssoftware Objekte zu digitalen Daten. Dementsprechend versteht sich auch das Motto des Herstellers: Daphne ist unteilbar und alle Nutzer*innen bekommen dasselbe Programm. Doch wie funktioniert das?
„Daphne ist extrem flexibel, da einerseits individuelle Kundenwünsche berücksichtigt werden können, andererseits die Software aber trotzdem für jeden Nutzer die gleiche ist.“(Ulrich Servos, Produktmanager robotron*Daphne)
Robotron*Daphne hat keine speziell definierte Zielgruppe. Ihre Zielgruppe sind „alle, die in irgendeiner Form etwas sammeln“, so Servos. Daher finden sich unter ihrem Kundenstamm Privatsammlungen, kunstgeschichtliche Museen wie auch kulturhistorische Einrichtungen. Jede dieser Sparten hat nicht nur andere Objekte, sondern auch andere Ansprüche an die Erfassung und Dokumentierung der Sammlungen. Doch über das simple System von Grund- und Spezialdatensatz kann robotron*Daphne auf diverse Sammlungstypen eingehen. Dabei ist der Grunddatensatz für alle Nutzer*innen gleich. Die Spezifizierung erfolgt über den Spezialdatensatz. Mittlerweile gibt es durch die Objektvielfalt der Kund*innen eine Fülle solcher Datensätze. Sollte aber dennoch beispielsweise kein Spezialdatensatz für Modelleisenbahnen existieren, kann dieser entwickelt werden. Nach dem nächsten Softwareupdate steht dieser dann allen Kund*innen zu Verfügung. Alle Häuser profitieren somit von der Weiterentwicklung des Programms, unabhängig von Größe und Budget. Der Gedanke dahinter: jede*r soll sich in der Eingabemaske aller Sammlungen zurechtfinden und suchen können.
Interessante Module und praktische Funktionen
Wie mit vielen Sammlungsverwaltungssoftwares ist auch mit robotron*Daphne die Abwicklung von Leihverkehr, der Vermerk von Restaurierungen, Ausstellungsmanagement oder eine reine Erfassung von Objekten möglich. Ein paar Funktionen und Module kurz erklärt:
- Visitenkarte: benutzerdefiniertes Überblickstool; aus- und einblendbar; durch Doppelklick auf Feld in der Visitenkarte Sprungmöglichkeit in das Objekt
- Virtuelle Objekte: Interview und Theater (Aufführungen, Inszenierungen, Werke)
- Interview: Objektart für Einrichtungen, die mit Zeitzeugen zusammenarbeiten; Einspeisen von Interviewtranskriptionen sowie Audio- und Videodateien; Kategorisierung des Datensatzes über selbst definierbare Schlagwörter
- Mediagrabber: Übertragungstool zum Massenimport von Objektfotos, Dokumenten, Video- und Audiodateien über Nacht.
- Onlinepräsentation: Backend kann benutzerspezifisch gestaltet und mit ausgewählten Feldern bestehender Datensätzen befüllt werden; Freigabe über Nacht
- Such-Tools: Schnellsuchfeld; Volltextsuche (mit Normierung und Jokerzeichen (Platzhalter, inkl. in den angehängten Dokumenten); Spezialsuche (nach jedem Feld)
Zukunftspläne von robotron*Daphne
Was robotron*Daphne bisher fehlt, ist ein Veranstaltungsmodul. Dieses soll aber in naher Zukunft in Zusammenarbeit mit Kund*innen entstehen, sodass sich das als reines Erfassungstool erdachte Programm zu einer Museumsmanagementsoftware weiterentwickelt. Darüber hinaus arbeitet das Unternehmen an einer Softwareversion für mobile Endgeräte. Dann soll auch die eine Datenerfassung im Depot vor dem Objekt möglich sein. Dabei werden vorerst nur ausgewählte Funktionen verfügbar sein. Für die praktische Anwendung einer solchen mobilen Version müsste aber erstmal das WLAN-System vieler Museen auf- und ausgebaut werden. Die tatsächliche Nutzung wird vermutlich an diesem Punkt zu kämpfen haben.
Fazit: Funktioniert robotron*Daphne für alle und wollen wir das?
Daphne macht sich durch das Prinzip neue Anwendungsmodule mit allen Anwender*innen zu teilen, stark. Sicher ist dies besonders für kleine Häuser attraktiv, gerade weil die Software auch als Verbundslizenz erworben werden kann. Mehrere Museen können sich so eine Lizenz teilen. Die Sammlungen laufen dann zwar über eine gemeinsame Software, die Sammlungen der anderen sind dennoch nicht zwingend sichtbar. Zugriff auf die Objekte der anderen Häuser kann ebenso vermieden werden. Vielleicht ist dies auch nur möglich, da die Sammlungssoftware nicht die Hauptverdienstquelle der Robotron Datenbanksoftware GmbH ausmacht. Daphne punktet vor allem bei der Nutzerfreundlichkeit, denn sowohl Eingabe und Recherche erfolgen sehr intuitiv. So auch ist der Datenimport über Nacht (s.a. Mediagrabber) praktisch, da so der tägliche Arbeitsfluss wenig bis keine Beeinträchtigung durch zeitintensive Programmvorgänge erfährt. Außerdem setzen die Entwickler bereits Methoden des Deep Learning ein. So wollen sie die Suche nach Objekten über ähnliche Bilder und die Suche nach Bildern selbst ermöglichen. Die Leitidee „Finden statt Suchen“ scheint hier Umsetzung zu finden.
Ein paar technische Fakten zum Schluss
- Aktuelle Version: Daphne 3 (seit 2012)
- Anwendung: FatClient (Client-Server-Modell) (Hosting, Robotron macht tägliche Backups) oder On-Premises (lokale Nutzung und eigenverantwortliches Sichern von Backups)
- Relationales Datenbankmanagementsystem auf Oracle
- Verknüpfung von Datensätzen durch Verschlagwortung
- Unterstützt durch LIDO und GND, Geonames
- Universelle Importschnittstelle zur Übertragung von Altdaten
- Onlinepräsentationsmöglichkeit: Ja
- Kund*innen zahlen pro Lizenz, erhalten Installationspaket und zwei Schulungen
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Der erste Artikel aus der Reihen: Wissensspeicher Datenbank – Warum Depotarbeit so wichtig ist und was dahinter steckt
Bildquelle: Logo Robotron*Daphne