Die Sonderausstellung „Richard Riemerschmid. Möbelgeschichten“ ist die dritte und vorerst letzte aus einer Reihe anlässlich des 150. Geburtstags eines Jugendstilkünstlers. Sie ist zudem wohl auch die einzige Ehrung, die dem bedeutenden Künstler und Designer zu seinem Geburtstag zu Teil wird. Zuvor ehrten kürzlich bereits zwei Ausstellungen Henry van de Velde und Peter Behrens.
Richard Riemerschmid im GNM
Diese Sonderausstellung im Germanischen Nationalmuseum (GNM) konzentriert sich vor allem auf drei Möbelensemble, die Richard Riemerschmid in der Zeit zwischen 1900 und 1906 entworfen hat. Diese haben, obwohl sie in einer sehr kurzen Zeitspanne entstanden sind, sehr unterschiedliche Hintergründe. Somit spiegelt sich in jedem ein wesentlicher Teil des Œuvres des Künstlers wieder.
Die Ausstellung gliedert sich in mehrere Abschnitte, wobei sich Themeneinheiten mit Graphik und Architekturdarstellunen mit Möbelensembles abwechseln. Die Ausstellung beginnt mit der obligatorischen biographischen Einführung zu Richard Riemerschmid, die mit Ehrungen und Auszeichnungen des Künstlers bebildert ist. Dabei kommt dem GNM zugute, dass der schriftliche Nachlass des Künstlers im hauseigenen Deutschen Kunstarchiv erhalten ist. Für die Ausstellung arbeitete die Kuratorin außerdem eng mit dem Architekturmuseum der TU München zusammen, wo der künstlerische Nachlass Richard Riemerschmids liegt.
Modernes Mobiliar
Das erste Möbelensemble der Ausstellung ist das sogenannte „Nürnberger Zimmer“. Dieses ist bereits sehr schlicht gestaltet, besitzt aber noch wenige Jugendstilanklänge aus der ersten künstlerischen Phase Riemerschmids. Darauf folgt eine Ausstellungseinheit zur Gartenstadt Hellerau in Dresden, an deren Planung und Realisierung Riemerschmid beteiligt war und dafür die sogenannten Maschinenmöbel, zusammen mit verschiedenen Einrichtungsvorschlägen entwickelte. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass große Teile des Fertigungsprozesses maschinell erfolgten und sie formgleich in drei Preiskategorien erhältlich waren. Das gezeigte Junggesellenzimmer gehört zur mittleren Klasse und ist aus Eiche gefertigt, während die höherwertige Anfertigung aus edlerem Holz war, war die günstigere aus lackiertem Nadelholz. Da dieses Möbelensemble, das für die damals sehr modernen Wohnungen der Gartenstadt entworfen worden war, in gleicher Form für verschiedene Käuferschichten erhältlich war, war es ungleich erfolgreicher als das „Nürnberger Zimmer“. Die Nürnberger Gartenstadt, in deren Planung Riemerschmid ebenfalls involviert war, bildet die nächste Ausstellungseinheit und stellt somit eine Verbindung des Künstlers zum Ort der Ausstellung her.
Darauf folgt das dritte Möbelensemble der Ausstellung, ein Damenzimmer, das wiederum vermehrt Jugendstil formen aufweist. Es zeichnet sich dadurch besonders aus, dass über lange Zeit die immer gleichen Möbel zum Teil in verschiedenen Größen erhältlich und bestellbar waren. Somit blieb eine Raumausstattung auch nach der Ersteinrichtung weiterhin durch passenden Möbel ergänzbar. Den Abschluss der Sonderausstellung bildet, wie bereits bei Peter Behrens, ein Bereich zu den von Richard Riemerschmid im Bayerischen Gewerbemuseum in Nürnberg abgehaltenen Meisterkursen und deren Erzeugnisse.
Die Ausstellung
Die Ausstellung zeigt drei Möbelensembles von Richard Riemerschmid, die in dessen Oeuvre eingeordnet werden und anhand ihrer besonderen zeitgenössischen Bedeutung herausgestellt werden. Anhand dieser Werkgruppen wird ein Einblick in Richard Riemerschmids Gesamtwerk gegeben. Dr. Petra Krutisch, Sammlungsleiterin für Möbel am GNM, setzt auch in dieser Ausstellung wieder Raumensembles auf wunderbare Weise in Szene. Dabei gibt sie sich nicht damit zufrieden Einzelstücke zur stillen Bewunderung herauszustellen, sondern schafft erlebbare Inszenierungen. Alle drei Raumeinrichtungen sind einem echten Zimmer nachempfunden aufgestellt, dabei wird von farbiger Wandgestaltung, über Bodenleisten bis hin zu historisch passendem Linoleum alles für eine realistische Raumgestaltung getan. Alle Situationen sind historischen Aufnahmen aus Verkaufskatalogen bestmöglichst nachempfunden und so die Aufstellung kontextualisiert und verifiziert. Die inzwischen verblasste Farbgebung des „Nürnberger Zimmers“ und des Damenzimmers werden durch die Farbgebung der Wände angedeutet und so die eigene Vorstellungskraft weiter beflügelt.
Infobox
Germanisches Nationalmuseum
Kartäusergasse 1
90402 Nürnberg
Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10-18 Uhr, Mittwoch 10-21 Uhr, Montag geschlossen