Ein Museum, das keines sein will?! Seit April 2018 ist das StadtPalais – Museum für Stuttgart eröffnet und regt so manche Diskussion an. Schon der Name „StadtPalais“ macht deutlich, dass es sich um mehr als nur ein Museum handelt. Man möchte Treffpunkt, Diskussionsort, Forum und Veranstaltungsraum sein und vielleicht mit dem in der Gesellschaft immer noch vorherrschenden „verstaubten“ Image des Museums brechen.
Geschichte und Raum aneignen
Neben der 900 m² großen Dauerausstellungsfläche im Obergeschoss bietet die weite, helle Eingangshalle Platz für eine Bar und diverse kulturelle Veranstaltungen. Über der Dauerausstellung befindet sich die Sonderausstellungsfläche und im Untergeschoss gibt es die Mitmach-Ausstellung „BAU MIT“ für Kinder.
Wenige Gehminuten von der Königsstraße entfernt thront der ehemalige Wilhelmspalais. Bis 2011 war in diesem klassizistischen Bau die
Stadtbibliothek untergebracht. Nach einer Umbauphase zog die städtische Sammlung ein. Bewusst benannte man das Gebäude um, denn das Team des StadtPalais will die Bewohner*innen Stuttgarts in den Fokus rücken und mit der Erzählung von Weltpolitik und Adelshäusern brechen.
Beim Betreten der großen Eingangshalle verblüffen die von der Decke hängenden Straßenlaternen, die an das öffentliche Beleuchtungsnetzwerk angeschlossen sind („Straßenlaternen – wir waren draußen drinnen“ von Anike Joyce Sadiq). Dieses kunstvolle Element spielt mit den Grenzen des öffentlichen Raums. So auch die auf den Stufen des Gebäudes ausgelegten Sitzkissen, die zum Verweilen auffordern. Bei weniger gutem Wetter bietet sich dafür die „museumsbar“ in der Eingangshalle an. Aber auch die Ausstellungsräume, die mit Tageslicht auskommen und deren Fenster immer einen Blick in die Stadt ermöglichen, spielen mit diesen fließenden Grenzen . Die Stadt ist Objekt.
Stuttgarter Geschichten erzählen
Die Dauerausstellung „Stuttgarter Stadtgeschichten“, konzeptionell und gestalterisch ausgeführt von dem Stuttgarter Büro jangled nerves, teilt sich in vier Bereiche. Im Vorraum der Ausstellung laden eine bunte Mischung aus Stuttgarter Objekten zum Nachdenken über die eigene Identität ein. „Wer ist Bewohner*in einer Stadt? Was macht zu einem oder einer Stuttgarter*in?“ Dabei werden lediglich Fragen gestellt; die Beantwortung liegt bei den Besucher*innen.
Danach empfängt ein mutlimediales Stadtmodell die Besuchenden. Dieses wird mit einer 15-minütige Inszenierung bespielt und kann bei baulichen Veränderungen des Stadtbildes, beispielsweise bei Fertigstellung des Hauptbahnhofes, dank austauschbaren Kunststoffplatten angepasst werden. Im selben Raum befinden sich auch die „Stadtgespräche“, die sich mit prägenden historischen und aktuellen (Streit-)Themen der Stadt auseinandersetzten. Multimedial erzählt die Ausstellung beispielsweise über den Stuttgarter Zoo, die HipHop-Szene, den Fußball oder die öffentlichen Verkehrsmittel.
Wer von dem technisch hochwertige Stadtmodell noch nicht überwältigt ist, wird es spätestens in den beiden Bereichen „Gestalt“ und „Geist“. Dort kann der*die Besucher*in weiße 3D-Modelle von Stuttgarter Architektur oder geistreichen Erfindungen der Landeshauptstadt auf einen Multimedia-Tisch stellen. Dieser erkennt die Modelle und gibt multimediale Informationen über sie wieder. Aktives Rätzeln und haptischen Erschließen wird hier angeregt. Die Besuchenden können selbst entscheiden was sie über welches Objekt erfahren wollen.
Von dem Hauptraum der „Stadtgespräche“ gehen zwei weitere Räume ab, die, wie die gesamte Ausstellung, chronothematisch (chronologisch und thematisch) aufgebaut sind. Einer der Nebenräume beschäftigen sich mit Stuttgart im 19. Jahrhundert, der zweite Raum mit dem 20. Jahrhundert. Viele der Geschichte nehmen den Blick (historischer) Bewohner*innen Stuttgarts ein und schaffen damit Anknüpfungspunkte für die Besucher*innen. Ein großer Pluspunkt: diese Ausstellungseinheiten sind mit einem Rollstuhl unterfahrbar, zu dem ist das Gebäude barrierefrei.
Resümee
Weiter als 1800 reicht die Erzählung im StadtPalais nicht zurück, denn das Landesmuseum Württemberg, ebenfalls in Stuttgart, setzt sich mit den vorhergehenden Erzählungen auseinander. Viele der in der Dauerausstellung gezeigten Objekte sind in der Zeit des Planungsstabes von Stuttgarter*innen in die Sammlung gegeben worden. (Informationen zur Entstehungsgeschichte des Museums gibt es hier.)
Das StadtPalais in Stuttgart ist ein fassettenreicher Ort, der bewusst versucht mit seinem Umfeld zu agieren. Durch die multimediale und damit auch multisensuale Ausstellung trägt es vielleicht auch zum Abbau der ein oder andere Hemmschwellen für einen Museumsbesuch bei.
Infobox
StadtPalais Stuttgart – Museum für Stuttgart
Konrad-Adenauer Straße 2
70173 Stuttgart
Öffnungszeiten Museum: Di–So 10 bis 18 Uhr
Öffnungszeiten Museumsbar »drinnen & draußen«: Di–So 10 bis 22 Uhr
Eintritt frei (Stuttgarter Stadtgeschichten, Salonausstellung, BAU MIT)
Bildquellen: © StadtPalais Stuttgart