Das Nürnberger Stadtmuseum Fembohaus feiert Jubiläum, denn seit fast einem Jahr ist hier die neue Dauerausstellung „Krone – Macht – Geschichte. Nürnberg auf einen Blick“ zu bestaunen. Der ehemalige Kinosaal im historischen Innenhof ist zu einer modernen und besucherorientierten 110m² großen Dauerausstellungseinheit umgestaltet worden. Hier werden 800 Jahre Stadtgeschichte in kompakter Form präsentiert. Die Projektidee hatte Ingrid Bierer, die Direktorin der Museen der Stadt Nürnberg. Die Kuratierung und die Ausstellungstexte übernahm Dr. Thomas Schauerte, der seit 2015 das Stadtmuseum Fembohaus leitet. Für die Gestaltung und Planung wurde die Impuls-Design GmbH & Co. KG mit künstlerischer Leitung unter Matthias Kutsch beauftragt. Das Ausstellungskonzept besteht hierbei aus einem Mix aus Rauminszenierung, Repliken, Originalobjekte und medialer Vermittlung. Insbesondere die 38 zur Verfügung stehenden Mulitmediaguides sollen dabei die Besucher besonders ansprechen.
Als Exponate werden Originale, Leuchtbilder mit stadtgeschichtlichen Themen und Nachbildungen präsentiert. Die Gemälde und Leuchtbilder wurden in einer Petersburger Hängung angeordnet. Die nachgebildeten Reichskleinodien nehmen unter den Exponaten eine herausragende Stellung ein, denn sie fungieren als inhaltliche Verbindungslinie zu allen Stationen. Die neun Stationen bilden die wichtigsten Abschnitte der Nürnberger Stadtgeschichte ab. Die Vermittlung wird hierbei durch einen Multimediaguide unterstützt. Acht prominente Persönlichkeiten aus Nürnbergs Stadtgeschichte erzählen über ihre Epoche bzw. ihren Zeitabschnitt. Bei der Erzählerauswahl wurde darauf geachtet, dass es sich nicht um eine in Nürnberg geborene Persönlichkeit handelt, sondern um Zugereiste, die sozusagen als Außenstehende ihre Eindrücke und Erlebnisse über Nürnberg schildern. Auf dieser Art soll einerseits ein Überblick geschaffen und andererseits die Geschichte Nürnbergs lebendig werden. Der Multimediaguide ermöglicht außerdem, sich ganz individuell seine persönliche Führung zusammenzustellen. In der Grundebene werden in etwa 30 Minuten die wichtigsten Inhalte der Stadtgeschichte vermittelt. In der Vertiefungsebene können je nach Interessenslage und Zeitruhe weiterführende Text- und Bildinformationen abgerufen werden. Sämtliche Exponate und Leuchtbilder werden ebenfalls erläutert.
Eine Ausstellung in neun Einheiten
Die Dauerausstellung ist in insgesamt neun Themenstationen aufgeteilt. Bei Station 1 „Der Fels am Fluss – Nürnberg zur Stauferzeit“ beschreibt Kaiser Friedrich II. (1194-1250) die Anfänge der Stadt unter den Staufern. Bei Station 2 mit dem Titel „Kaisernähe, Kaisertreue – Der deutsche Krönungsschatz kommt nach Nürnberg“ erläutert Kaiser Sigismund (1368-1437), weshalb er die Reichskleinodien gerade der Reichsstadt Nürnberg zur ewigen Verwahrung anvertraute. Station 3 handelt vom „Centrum Europae – Nürnbergs Blütezeit um 1500“. Hier schildert Albrecht Dürer der Ältere (1440-1504), der Vater vom berühmten Maler Albrecht Dürer dem Jüngeren (1471-1528), Nürnbergs geistige, künstlerische und wirtschaftliche Blütezeit um 1500. Philipp Melanchthon (1497-1560) beschreibt bei Station 4 „Auge und Ohr – Nürnberg und der Protestantismus“ die Rolle Nürnbergs bei der Einführung der Reformation. Die nächste Themeneinheit, Station 5 widmet sich der Geschichte und den Hintergründen der Reichskleinodien und der Heiltumsweisungen. Gezeigt wird dabei die Nachbildung eines Teiles der Reichskleinodien und eine vergrößerte Abbildung eines kolorierten Holzschnittes einer Heiltumsweisung. Bei Station 6 „Zeitalter der Gegensätze – Barock in Nürnberg“ erklärt der Künstler, Kunsthistoriker und Übersetzer Joachim von Sandrart (1606-1688) den wirtschaftlichen und politischen Niedergang von Nürnberg nach dem Dreißigjährigen Krieg und die anschließend wiedererstarkte kulturelle Bedeutung Nürnbergs. Unter dem Titel „Aufschwung im Niedergang – Nürnberg in der Romantik“ erzählt König Ludwig I. von Bayern (1786-1868) bei Station 7 von Nürnbergs Entwicklung zum Sehnsuchtsort der Romantik, aber auch zum industriellen Zentrum Bayerns im 19. Jahrhundert. Station 8 „Schuld und Zerstörung – Nürnberg im Nationalsozialismus“ wird von Dr. Hermann Luppe (1874-1945) vorgestellt. Er war Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Gründungsmitglied der liberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und Oberbürgermeister Nürnbergs von 1920 bis 1933. Während seiner Amtszeit wurden viele Bauprojekte umgesetzt u.a. ein Naherholungsgebiet am Dutzendteich im Südosten der Stadt. Als Guide zeigt er den Weg Nürnbergs vom Symbolort des Nationalsozialismus hin zur völligen Zerstörung der Altstadt im Januar 1945. In der letzten Themeneinheit, Station 9 mit dem Titel „Rückbesinnung und Wiederaufbau“ berichtet der Architekt und Designer Sep Ruf (1908-1982) über den Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg fast komplett zerstörten Altstadt. Seine Bauten u.a. die Akademie der Bildenden Künste Nürnberg und seine Um- und Erweiterungsbauten beim Germanischen Nationalmuseum prägen bis heute das Stadtbild.
Die Reichskleinodien in Nürnberg
Die Nachbildungen der Reichskleinodien nehmen einen zentralen Raum in der Ausstellung ein. Sie wurden 1985/86 auf Anregung der Altstadtfreunde Nürnberg e.V. angefertigt und als Dauerleihgabe der Stadt Nürnberg überlassen. Ihre historische Bedeutung wird dabei durch eine szenografische Inszenierung hervorgehoben. Es wird aber nicht versucht die Aura der Originale in der Wiener Hofburg zu imitieren, denn gestalterisch wurde eine ironische Brechung durchgeführt. Man platzierte künstliche Heringe auf dem Vitrinenboden, welche auf die als Fischtransport getarnte Überführung der Reichskleinodien von Burg Karlstein in Böhmen nach Nürnberg anspielt. Bei den Reichskleinodien handelt es sich um Schätze und Attribute der Königs- und Kaiserherrschaft des Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation), dazu gehören die Reichsinsignien, Handschuhe, das Reichsevangeliar sowie die Reichsheiligtümer wie Heilige Lanze, Schwerter und Reliquien. Am 22. März 1424 kamen sie auf Veranlassung Kaiser Sigismunds „zur ewigen Aufbewahrung“ nach Nürnberg und wurden in die Kapelle des Heilig-Geist-Spitals gebracht. Dort verwahrte man sie in einem Schrein auf, der diebstahlsicher im Chorgewölbe hing und sich heute im Germanischen Nationalmuseum befindet. Diese Situation ist szenografisch in der Ausstellung nachempfunden worden. Im Jahr 1796 wurden sie vor den anrückenden französischen Truppen nach Wien in Sicherheit gebracht und kamen 1938 auf Anweisung von Adolf Hitler kurzzeitig wieder nach Nürnberg. Seit 1946 werden sie wieder in der Wiener Hofburg aufbewahrt. In direkter Sichtachse befindet sich ein vergrößerter und kolorierter Holzschnitt, welcher eine Heiltumsweisung zeigt. Diese fand von 1424 bis 1523 einmal jährlich am zweiten Freitag nach Ostern feierlich auf dem Hauptmarkt statt, dabei wurden die Reichskleinodien Pilgern aus dem ganzen Heiligen Römischen Reich (Deutscher Nation) gezeigt.
Fazit
Die Ausstellung richtet sich vor allem an Besucher, insbesondere Touristengruppen, die nur sehr wenig Zeit zur Verfügung haben. Es soll durch die Kombination aus Multimediaguide und Rauminszenierung ein ebenso schneller wie ansprechender Überblick über die wichtigsten Ereignisse der Nürnberger Stadtgeschichte gegeben werden. Das Ziel in 30 Minuten die wichtigsten Stationen der Stadtgeschichte zu behandeln konnte gut umgesetzt werden. Für die zahlreichen Touristengruppen, die häufig mit dem Schiff nach Nürnberg kommen, ist dies eine sehr gelungene neue Dauerausstellungseinheit. Zudem bietet diese Ausstellung darüber hinaus für andere Besucher eine gute Möglichkeit dies als Auftakt und Impuls für die bisherige Dauerausstellung im Hauptgebäude zu nutzen. Es ist aber anzumerken, dass die neue Dauerausstellungseinheit sich primär auf die politische Geschichte und Aspekte der Hochkultur bezieht, was man sowohl bei der Auswahl der Sprecher, die Fokussierung auf die Reichskleinodien und die Verwendung der Schlagworte „Krone“ und „Macht“ erkennen kann. Sämtliche Aspekte und Fragestellungen der Alltagskultur und der Sozialgeschichte werden vernachlässigt. Nachteilig können die nur insgesamt 38 zur Verfügung stehenden Multimediaguides für größere Gruppen sein, denn zum Verständnis des zu vermittelnden Inhalts sind diese unentbehrlich. Bei größeren Besuchermengen könnte auch die relativ kleine Ausstellungsgröße vom Nachteil sein, denn um die Ästhetik der Rauminszenierung zu erfassen, benötigt man genügend Platz. Es ist aber auch festzuhalten, dass „Krone – Macht – Geschichte. Nürnberg auf einen Blick“ nicht nur die modernste Ausstellungseinheit, sondern zugleich einen Kontrast zu den anderen Abteilungen der Dauerausstellung bildet. Sie kann als eine inhaltliche, konzeptionelle und vor allem mediale Neuausrichtung des Museums verstanden werden. Man hat bei der neuen Dauerstellung eine zeitgemäßere und ansprechende Vermittlungsmethode umgesetzt und ist konsequent auf die Bedürfnisse gewisser Zielgruppen (Touristen) eingegangen. Neben der zentralen Lage und der architekturgeschichtlichen Bedeutung des Gebäudes kann es dem Stadtmuseum Fembohaus nun durch diese Ausstellungseinheit wirklich gelingen, die Besucherattraktivität des Museums zu steigern.
Bildquellen: Ausschnitt des Plakats zur Ausstellung (Titelbild) / © Marcel Bühner (Beitragsbilder)