Rahel Clormann arbeitet seit November im Kunstreferat der Diözese Würzburg und ist dort für die Bereiche Marketing und Öffentlichkeitsarbeit der Museen zuständig. Was sich seitdem getan hat und was sie noch verändern will, hat sie uns in einem Interview erzählt.
Das 2003 neu eröffnete Museum am Dom (MAD) ist eines von mehreren Ausstellungshäusern der Diözese Würzburg. Hier wird wie in einer Kunstgalerie hohe Kunst im „white cube“ gezeigt, jedoch nicht in der in Kunstmuseen sehr üblichen Hängung nach Epochen oder Schulen. Das MAD zeigt in der Dauerausstellung ohne zwingend vorgegebenen Rundgang die Kunstwerke nach Themengruppen sortiert. Seit im Sommer 2017 Dr. Jürgen Emmert die kommissarische Leitung des Kunstreferats der Diözese Würzburg und Michael Koller die kommissarische Leitung der Museen der Diözese Würzburg übernommen haben, hat sich schon einiges getan. In diesem Zug konnte auch Rahel Clormann für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit angestellt werden.
Rahel Clormann hat Geschichte, Archäologie und Erziehungswissenschaften (BA) in Marburg und Paris und anschließend Geschichte und Museumswissenschaft (MA) in Würzburg studiert. Während des Masterstudiums hat sie am Lehrstuhl für Unternehmenskommunikation und Technikjournalismus an der FHWS in Würzburg als studentische Hilfskraft gearbeitet. Seit 2016 promoviert sie bei Prof. Dr. Guido Fackler zu Multiperspektivität und Gegenwartsbezug in historischen Ausstellungen.
Was ist deine Aufgabe am MAD?
Meine Aufgabe ist Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, ich kümmere mich um die Pressekontakte und Kooperationspartner und bin für Pressemeldungen, Anzeigen und redaktionelle Beiträge verantwortlich. Außerdem bin ich Ansprechpartnerin für die Pressevertreter und bereite Pressekonferenzen vor. Darüber hinaus kann ich bei der Erarbeitung von Aktionen und neuen Veranstaltungsformaten für das Museum mitwirken und verbreite aktuelle Informationen über Social Media und suche den Kontakt zur Öffentlichkeit. Wir wollen beispielsweise den kommenden Internationalen Museumstag (am 13.5.2018) als Aktionstag nutzen und neben freiem Eintritt auch viele spannende Angebote für Familien bereitstellen. Aber ich arbeite genauso daran, dass die Sonderausstellungsfläche auch mal für andere Formate, wie beispielsweise Konzerte oder Vorträge, genutzt wird.
Gibt es auch eine Digitale Strategie?
Eine digitale Strategie entwickle ich gerade, die gab es bisher nicht. Das wichtige daran ist, dass das ganze Team sie mitträgt. Es wird sich jetzt herausstellen was sich alles umsetzen lässt und wofür wir Kapazitäten haben. Denn ich kann die Ideen zwar umsetzen, brauche aber Inhalte von den Kuratoren, die die Sammlung kennen und den jeweiligen fachlichen Hintergrund haben.
Die digitale Präsenz beschränkte sich bisher auf die Homepage. Ich konnte jetzt schon die digitalen Kanäle des Museums auf die sozialen Medien ausweiten. Für das regelmäßige Erstellen von Beiträgen in den sozialen Medien habe ich auch ein Diensthandy bekommen. Die sozialen Medien leben schließlich davon, dass man schnell und aktuell reagiert. Aber es reicht nicht aus, ständig überall wild zu posten, sondern es braucht Struktur und muss ein Konzept dahinter stehen. Das kann man bei Facebook am besten umgesetzt werden, da hab ich auch schon das sogenannte „Dienstagsobjekt“ und die „Infos am Sonntag“ eingeführt. Das sind meine Standbeine, die ich jede Woche bespiele. Darüber hinaus werde ich immer dann aktiv, wenn etwas Besonderes ansteht, wie Veranstaltungen auf die ich hinweise, oder wenn das Museum kurzfristig geschlossen ist. Bei Twitter und Instagram funktioniert das in der Form leider nicht so gut. Hier ist es schwierig, vorher zu planen, da die Posts direkt abgesetzt werden müssen. Trotzdem haben wir bei Instagram viele Follower. Da schaue ich einfach, dass ich alle 2-3 Tage etwas poste.
„Aber man sieht auf jeden Fall, dass hier gearbeitet wird und Neues entsteht“
Der nächste Schritt ist dann die Homepage, die noch in diesem Jahr neu gemacht werden soll. Dort fände ich es schön, wenn es auch einen Auftritt für die Mitarbeiter geben könnte, einerseits der Transparenz wegen und um direkt den richtigen Ansprechpartner finden zu können. Und auch eine Rubrik Aktuelles, ähnlich der schon erwähnten „Info am Sonntag“, wäre wünschenswert. Was ich auch gerne hätte, wäre ein monatlicher Newsletter mit Informationen was war und was kommt, als Ergänzung zu unserer bisher vierteljährlich erscheinenden Museumszeitschrift „Hinblick“. Nicht nur für das MAD, sondern auch für die anderen Museen der Diözese. Das würde mir auch helfen die aktuellen Veranstaltungen gesammelt zu haben. Das wird, denke ich, mit der neuen Website kommen. Manchmal gehen die Sachen hier langsamer als ich es gerne hätte. Aber man sieht auf jeden Fall, dass hier gearbeitet wird und Neues entsteht.
Ein großer Wunsch von vielen Seiten ist eine App. Da spielt uns in die Hände, dass an der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern gerade ein Baukasten entwickelt wird, der im Sommer fertig werden soll und mit dem sich Museen unkompliziert eine eigene App zusammenstellen können. Ein solches Projekt kann allerdings frühestens ab nächsten Winter in Angriff genommen werden und es gibt auch noch viele Fragen die bis dahin beantwortet werden müssen.
Was qualifiziert dich als Absolventin des Studiengangs Museumswissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg besonders für diese Arbeit?
Bei uns im Studium wird der Fokus mehr auf die praktische Museumsarbeit gelegt, als bei den sogenannten Quellenfächern wie Kunstgeschichte, Geschichte, Europäische Ethnologie usw. Außerdem haben wir im Studium schon mit verschiedenen Museumsbereichen wie Ausstellungsanalyse, sozialen Medien, Museumsmanagement oder Öffentlichkeitsarbeit zu tun gehabt. Durch im Studium vorausgesetzte Teilnahme an Tagungen und Exkursionen kommen wir bereits während des Studiums regelmäßig mit Ausstellungsmachern ins Gespräch. So etwas spielt in den Quellenfächern oft keine Rolle. Prof. Dr. Fackler legt außerdem großen Wert darauf zu vermitteln, dass ein Museumsbesuch viel mehr bedeutet als der Aufenthalt im Haus: er beginnt schon weit vor dem Eintreten. Auch die mediale Infrastruktur und die Situation vor Ort dazugehören. Genauso haben mich studentische Hilfskraftstellen und mein Engagement in der Museumsinitiative des Martin von Wagner Museums viel gelehrt. Mich hat also nicht nur mein Museumswissenschaft-Studium qualifiziert, sondern auch was ich darüber hinaus gemacht habe.
Was ist deine Motivation im Museum zu arbeiten?
Ich finde, dass Museen eine großartige Sache sind und diese Begeisterung möchte ich auch bei anderen Leuten wecken und ihnen Museen so schmackhaft wie möglich machen. Besonders toll finde ich am MAD, dass ein Team dahinter steht das verändern will und neue Gedanken mit hineinbringen möchte. Deswegen habe ich auch richtig Lust gerade hier zu arbeiten. Das MAD will neue, junge Ideen und andere Denkweisen, weshalb explizit keine Kunsthistorikerin gesucht wurde, sondern jemand aus dem Fach Museumswissenschaft.
Was willst du in nächster Zeit in Angriff nehmen?
Mein nächstes Anliegen, das mir am Herzen liegt, ist der schon erwähnte Internationale Museumstag. Auch de1r Maus-Türöffner-Tag (Jedes Jahr am 3.10.) soll am MAD eingeführt werden. Außerdem wünsche ich mir eine Taschenlampenführung im Museum, das wollte ich schon immer mal haben. Genauso, wenn es sich verwirklichen lässt, eine Übernachtung im Museum. Diese Angebote sollen nicht nur für Kinder angeboten werden, denn auch jüngere und etwas ältere Erwachsene würden oft auch gerne an solchen Veranstaltungen teilnehmen. Deswegen wünsche ich mir, dass es solche Angebote für alle Altersklassen gibt.
Welche Zukunftspläne hat das MAD?
Ein großes Anliegen der neuen Verantwortlichen ist die Öffnung des Museums zur Stadt hin, um mehr zu sein als ein klassisches Kunstmuseum. Das MAD möchte ein Treffpunkt werden. Es soll in Würzburg als kulturelles Zentrum in der Stadt wahrgenommen werden. Entsprechend ist auch eine größere Zuwendung zur Kulturgeschichte geplant und, wie bei der Sonderausstellung „Julius Echter. Der umstrittene Fürstbischof“, sollen auch kulturhistorische Ausstellungen gemacht werden. Auch die Dauerausstellung soll überarbeitet werden, sodass die Möglichkeit besteht weiterführende Informationen zu den gezeigten Kunstwerken zu bekommen. Außerdem soll die Ausstellung dabei etwas niederschwelliger werden um so eventuelle soziale Hemmnisse auszuräumen. Das MAD will ein Ort für die Menschen sein. Diese Veränderungen brauchen Zeit und sind natürlich alle noch längst nicht fertig geplant.
Wo siehst du die Aufgabe dieses Museums im Spannungsfeld von Diözese und Stadt?
Sehr wichtig sind und bleiben Glaubensfragen. Wir stellen hier christliche Kunst aus, denn das Museum gehört zur Diözese und wird von der Kirche finanziert. Aber wir möchten das Thema trotzdem neu angehen und dabei unkonventioneller werden. Durch die Touristen haben wir außerdem immer mehr Besucher die gar keinen christlichen Hintergrund haben und selbst wenn viele Menschen noch auf Papier getauft sind, so sind die Geschichten der Bibel und der Heiligen nicht mehr so präsent und das muss mit berücksichtigt werden. Es wird hier also nicht weniger Kirche und Glauben geben, aber vielleicht auf eine etwas andere Art.
Wer kommt ins MAD?
Zu uns kommen natürlich die klassischen Besuchergruppen: Bildungsbürger 50+ und viele Einheimische aus dem unterfränkischen Umland, aber auch Touristen, auch aus dem Ausland. Aus diesem Grund bemühen wir uns auch darum, an der Zweisprachigkeit des Hauses zu arbeiten. Es kommen selbstverständlich auch die Freunde des Museum am Dom, vor allem zu Veranstaltungen und Führungen.
Wir möchten in Zukunft noch sehr viel stärker Einheimische ansprechen, weil wahrscheinliche viele Würzburger das Museum gar nicht kennen oder zumindest noch nie da waren. Besonders auch ein jüngeres Publikum soll angesprochen werden, dafür müssen wir aber auch ein Angebot für diese Menschen schaffen. Das Problem in vielen Museen ist, dass sie zwar gerne ein jüngeres Publikum hätten, dieses sich aber gar nicht angesprochen und willkommen fühlt. Deshalb möchten wir auch ein Angebot für junge Erwachsene schaffen. Dafür wollen wir nicht nur andere Formate entwickeln, wie beispielsweise spezielle Abendführungen, sondern auch andere Themen anbieten. Momentan denken wir an eine Art Loungeabend mit DJ und Cocktails. Übrigens haben wir jetzt auch aktuell schon den freien Eintritt von Studierenden der Kunstgeschichte ausgeweitet auf die Fächer Theologie, Museologie/ Museumswissenschaft und Europäische Ethnologie/ Volkskunde
Vielen Dank für das Interview und in Zukunft viel Erfolg mit den tollen Ideen im MAD!
Infobox:
Museum am Dom
Kiliansplatz
97070 Würzburg
Öffnungszeiten: Di-So: 10-17 Uhr
Eintrittspreis: 4 € (ermäßigt: 3 €)
Bildquelle: , Museum am Dom Würzburg
[…] Rahel Clormann über digitale Strategien und ihre Motvation in einem Museum zu arbeiten: http://museumswissenschaft.de/das-museum-am-dom-wuerzburg-ein-interview-mit-rahel-clormann/ […]
Ein sehr schöner Beitrag, den ich gerne ergänze.
Ich bin im Museum am Dom in Würzburg die Museumspädagogin.
Seit vielen Jahren bieten wir ein extra auf Kinder und Jugendliche abgestimmtes Vermittlungsprogramm an, das auch ganz eifrig von Kindergärten, über die Grundschulen, alle weiterführenden Schulen und sogar BOS und FOS genutzt wird.
Wir haben uns mittlerweile einen richtigen Lehrerinnen- und Lehrerstamm erarbeitet, die regelmäßig zu uns kommen- und immer wieder aufs Neue von unserem Haus begeistert sind, weil es einfach so abwechslungsreich ist.
Zu uns kommen nicht nur Religionslehrer/innen oder Kunstlehrer/innen – nein, im Fach Deutsch machen wir Wortbildung vor den Gemälden oder die Schüler/innen lassen sich von den Kunstwerken zu kleinen Romanen inspirieren, mit ihrem Mathelehrer zusammen durfte schon einmal eine ganze Klasse die geometrischen Flächen eines Gemäldes berechnen. Ich musste zum Glück nicht mitmachen, sondern stand staunend daneben.
Unser Portfolio wird nach den Wünschen und Vorstellungen unserer Besucherinnen und Besucher immer wieder ergänzt und ausgebaut. Auch das ist das einzigartig Flexible in unserem Haus – ich setze das von einer bestimmte Schulklasse oder Kinder- und Jugendgruppe gewünschte Konzept sofort in die Tat um, natürlich immer in enger Absprache mit den betreuenden Personen. Nicht viele Museen können das so handhaben.
Zu unseren Kindergartenwochen z.B. reisen die Kindergruppen sogar aus 70 bis 90 Kilometer Entfernung an, da wir das einzige Museum im größeren Umkreis sind, die so etwas anbieten.
Kindervernissagen gibt es auch bei uns – warum immer nur für Erwachsene? Auch Kinder und Jugendliche finden es toll, die Künstler einmal von Angesicht zu Angesicht zu ihrer Kunstwerken befragen zu können. Das ist besonders spannend, denn Kinder sind immer ehrlich! Auch unsere Kindervernissagen sind einzigartig in der unterfränkischen Museumslandschaft.
Ab April werden wir mit unseren Vermittlungsangeboten zudem bei MusBi vertreten sein, um noch einfacher gefunden zu werden. [MusBi.de ist ein Service der KulturServiceStelle des Bezirks Oberfranken, die mit dieser Internetseite die pädagogischen Angebote von Museen eng an die Lehrpläne der Schulen bindet, bzw. versucht die zum Lehrplan passenden museumspädagogischen Angebote für Schulen auffindbar zu machen. Anm. Felix Schmieder]
Kinder und Jugendliche fühlen sich bei uns ausgesprochen wohl, das zeigen uns zum einen die positiven Reaktionen und die Teilnahme an den vielen öffentlichen Angeboten. Familienführungen, Führungen für Kindergartenkinder von vier bis sechs Jahre, Kinderführungen ab sechs Jahre, Enkel und ihre Großeltern – das sind nur einige unserer Formate, die meine fantastischen Kolleginnen und Kollegen vom Führungspersonal zusammen mit mir anbieten.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich den Bereich Museumspädagogik noch stärker als bisher ausbauen kann und wir dadurch noch mehr junge Besucherinnen und Besucher bekommen werden.
Klar ist aber auch, dass wir die Erwachsenen nicht vernachlässigen – unsere rüstigen Senioren z. B. kommen von nah und fern, um bei den Seniorenführungen einmal im Monat dabei zu sein.
Mit herzlichen Grüßen
Dr. Yvonne Lemke
Museumspädagogin am Museum am Dom in Würzburg