Junge Freundeskreise an Museen – man denkt zu Recht zunächst an Kunstmuseen, denn tatsächlich ist die Mehrzahl der Jungen Museums-Freundeskreise in Deutschland an diesen zu Hause. Dort bieten Junge Freundeskreise ihren Mitgliedern exklusive Einblicke in die dynamische Kunstszene und engagieren sich teilweise sogar mäzenatisch. Das Format Junger Freundeskreis erfreut sich aber auch an kulturgeschichtlichen Museen immer größerer Beliebtheit. Auch sie haben erkannt, dass ein Junger Freundeskreis eine ungemeine Bereicherung für das eigene Haus ist und dass sie umfassend davon profitieren können. Ein solches Beispiel für erfolgreiche Arbeit Junger Freundeskreise an einem kulturgeschichtlichen Museum sind die „Aufseßigen“ am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (GNM) – dem größten seiner Art im deutschsprachigen Raum.
Kunst und Kultur erleben – Neues entdecken – Freunde treffen
Seit fünf Jahren bietet die Gruppe mit dem herausstechenden Namen seinen Mitgliedern sowie neugierigen Externen an jedem letzten Mittwoch im Monat eine innovative Veranstaltung an. Benannt sind sie nach dem Gründer des GNM, Hans Freiherr von und zu Aufseß. Neben Veranstaltungen zu den Sammlungen und Ausstellungen des GNM stehen auch, immer wieder abwechselnd, Ausflüge in die regionale Kunst- und Kulturszene auf dem Programm. Die Aufseßigen möchten bewusst Interessierte aus allen Fachrichtungen und Branchen ansprechen. Verbindend ist die Begeisterung für Kunst und Kultur, nicht das Wissen.
2015 hatten die Aufseßigen rund 80 Mitglieder und über 670 Facebook-Likes im Mai 2017. Mitglied werden kann jede/r zwischen 18 und 35 Jahren, die Kosten betragen 50€ und ermäßigt 30€ pro Jahr. Die Entrichtung des Mitgliedsbeitrags ermächtigt zum freien Eintritt zu den monatlichen Veranstaltungen der Aufseßigen und freiem Eintritt in alle Ausstellungen des GNM. Als Mitglied erhält man zudem Einladungen zu Veranstaltungen rund um das Museum und natürlich einen regelmäßigen Rundbrief per E-Mail. Das Organisations-Team besteht zurzeit aus sieben aktiven Mitgliedern, die sich alle ehrenamtlich um das Management der Aufseßigen kümmern. Der zweite Teil des monatlichen Organisationstreffens ist für alle interessierten Mitglieder, die ihre Ideen und Anregungen einbringen möchten, offen. Im Internet sind die Aufseßigen neben ihrer Homepage vorwiegend auf Facebook, aber auch auf Twitter unterwegs.
Kreative Veranstaltungsformate: Museum meets Plattenspieler
Die Aufseßigen gestalten ein überaus abwechslungsreiches Programm, von dem wir hier einige Highlights vorstellen wollen. In ihrem Format „Ich sehe was, was Du nicht siehst!“ etwa verteilten sie Einwegkameras an ausgeloste Mitglieder. Damit ausgerüstet begaben die Jungen Freunde sich dann ins Museum – unter der Bedingung, alles fotografieren zu können außer den Exponaten. Das Format sollte dazu ermutigen, Stellen zu entdecken, denen man im Museum vielleicht sonst weniger Beachtung schenkt und diese in den Fokus zu rücken. An einem Folgetermin wurden die geschossenen Fotos dann präsentiert und in der Gruppe diskutiert. Als Einstimmung auf die Veranstaltung wurden zuvor kleine Foto-Bilderrätsel auf der Facebookseite der Aufseßigen gepostet.
Nicht neu, aber dennoch innovativ war das Format der Veranstaltungsreihe “Kunst voll im Takt“ im Rahmen des Nürnberg.Pop Festivals 2016. Frei nach dem Motto „Feine Kunstvermittlung trifft lässigen DJ“ begaben sich die Aufseßigen zu drei Terminen mit einem DJ in die Ausstellungen des GNM, in der ausgewählte Lieblingsobjekte der Kunstvermittler*innen musikalisch unterlegt wurden. Nachdem man die Musik und das Objekt auf sich wirken ließ, rundeten die Kunstvermittler*innen den Moment mit Wissen zu ihren Lieblingsobjekten ab. Das Format erfreute sich schon bei den Jungen Freunden der Staatsgalerie Stuttgart unter dem Namen „Super Sound Sculpture“ großer Beliebtheit und wird, wie die Aufseßigen zeigen, auch in anderen Städten gut angenommen. Ein ebenso spannendes Format war die Veranstaltung zur Ausstellung A New Kind of Joy von Jorinde Voigt in der Kunsthalle Nürnberg. Die Aufseßigen waren eingeladen, mit einer Tanzpädagogin interaktiv die Prozesse hinter der Kunst Voigts, die ihre Bewegungen sowie äußere Einflüsse in ihre Arbeiten einfließen lässt, in der Ausstellung nachzuempfinden.
Bildquelle: Website „Die Aufseßigen“, Link zum Bild
Klassischere, aber nicht weniger interessante Veranstaltungsformate der Aufseßigen sind besondere Depot- oder Ausstellungsführungen. Nachdem Mitglieder sich 2016 gegenseitig ihre Lieblingsstücke vorstellten, ging es nun Ende Mai 2017 um die besonderen Lieblings- und Hassstücke. Bei der Veranstaltung „Große Kunst, große Emotionen – Lieblings- und Hassstücke“ beschäftigten sich die Aufseßigen näher mit den Objekten, die sie ganz besonders beeindrucken – oder eben nicht. Die Mitglieder, die sich zuvor dafür angemeldet hatten, stellten dann an dem Termin ihre ausgewählten Objekte den anderen Mitgliedern in 5-10 Minuten vor. Bei einer anderen Veranstaltung wurden unter dem Motto „Frühlingserwachen in allen Abteilungen“ passend zum Frühlingsanfang Schönheitsideale thematisiert, so zum Beispiel die Darstellung von Jugend und Schönheit sowie die Darstellung von alternden Menschen in verschiedenen Epochen.
Cleveres Marketing: Die Aufseßigen setzen Trends
Auch im Stadtbild Nürnbergs und an der Uni zeigen die Aufseßigen Präsenz: Im U-Bahnhof Lorenzkirche füllen sie eine der Vitrinen des GNM und in den Ersti-Tüten der TH Nürnberg und bei studentischen Initiativen machen sie ebenso auf sich aufmerksam. Mit einem öffentlichen Wettbewerb für die Gestaltung ihres Logos und der Website generierten die Aufseßigen schon zu Gründungszeiten gekonnt Aufmerksamkeit. Im Oktober 2016 ermöglichten sie mit der erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne „Zauber des Originals“ ein einzigartiges Event. Sie sammelten finanzielle Mittel für die Durchführung eines Konzerts von Restauratoren auf historischen Musikinstrumenten und Nachbauten im Rahmen des Symposiums „Historische Musikinstrumente – Erhalten! Erforschen! Erklingen?“ im GNM. Als Unterstützer*in erhielt man eine Eintrittskarte und half so, das Konzert zu ermöglichen. Die Aufseßigen schaffen es, Kunst und Kultur über das GNM hinaus spannend und humorvoll einer interessierten jungen Community zu präsentieren, ohne dabei ihre Formate zu reproduzieren. Wir sind gespannt auf viele weitere originelle Ideen aus Nürnberg und sagen: Aufseßig sein lohnt sich!
Bildquelle: Die Aufseßigen