Einem der größten Pharaonen der Geschichte widmet derzeit das Badische Landesmuseum Karlsruhe die Sonderausstellung „Ramses – Göttlicher Herrscher am Nil“. Ramses der Große regierte über 60 Jahre und wurde schon zu Lebzeiten als Gott verehrt. Erstmalig in Deutschland wird diesem göttlichen Herrscher nun eine Ausstellung zugeschrieben, die neben hochkarätigen Exponaten eine wunderbare Geschichte erzählt und am Ende der Ausstellung einen Vermittlungsbereich der ganz besonderen Art präsentiert.
Ramses: Pharao und Gott
Die Ausstellung über den einzigartigen Pharao vereint mehr als 260 prachtvolle Leihgaben aus 30 europäischen Museen. Zu den Highlights zählen zwei überlebensgroße Ramses-Statuen aus Turin und Straßburg, die einen zu Beginn der Ausstellung direkt freundlich begrüßen. Betritt man nämlich die Ausstellungsfläche, wird einem sofort klar, dass man sich in einer Ausstellungsarchitektur befindet, die dem Tempelbau nachempfunden wurde. Zunächst blickt man durch einen langen Gang und kann am Ende dieses Ganges eine riesige Sitzfigur erahnen. Im ersten Raum dominieren gedämpftes Licht und Wände, die in einem sanften Orange gehalten sind und so den Sand des Tempels widerspiegeln. An den Wänden ist außerdem ein Tempeldruck angebracht, der die Architektur als Göttertempel perfektioniert. Im rechten Flügel des ersten Raums befindet sich eine Standfigur, die Ramses II. als Beter zeigt: Unter den Kolossalstatuen von Ramses II. stellt diese eine Besonderheit dar, denn mit Nemes-Königskopftuch und nacktem Oberkörper trägt Ramses nicht den üblichen Königsschurz, sondern einen Schurz mit abstehendem, dreieckigem Vorderteil, auf dem die Hände aufliegen – ein Zeichen dafür, dass er als Beter dargestellt wird. Die Figur ist fast drei Tonnen schwer. Eine wahre Meisterleistung, diese in der Ausstellung präsentieren zu können. Das ist nicht nur im logistischen Sinne gemeint, denn die Figur musste mit mehreren Personen aufgestellt werden, erzählt Lars Petersen, der Kurator der Ausstellung. Und eben diese Figur begrüßt den Besucher in der Ausstellung.
Die Architektur wird auch konsequent im nächsten Bereich beibehalten. Dieser ist primär in schwarz gehalten. Von der Decke bis zum Boden werden Säulen in Form von belichteten, rund gehängten Fadenvorhängen angedeutet. Absoluter Höhepunkt hier ist eine monumentale Büste, die aus dem Totentempel von Ramses II. stammt. Das Original steht im British Museum. 1873 ließen die Berliner Museen einen Gipsabdruck von dieser Büste herstellen – den einzigen weltweit. Dass das Original mit über sieben Tonnen nicht nach Karlsruhe reisen konnte, ist hier wohl eine Selbstverständlichkeit. Der Gipsabdruck vertritt das Original jedoch bestens, denn rein optisch macht es fast keinen Unterschied: Es ist eine hervorragende handwerkliche Arbeit, an der äußerlich kaum sichtbare Gussnähte zu sehen sind. Gemeinsam mit der ebenfalls überlebensgroßen Sitzstatue im nächsten Raum lässt die Ausstellung von Beginn an keinen Zweifel an der Allgegenwart des Herrschers, die selbst die Alltagsgegenstände erfasste: einen Skarabäus mit Pharao, eine Fayencefigur, die den Herrscher als Falkengott darstellt. Ein Grundsteinziegel ist mit einer Kartusche versehen, die Ramses II. zeigt, und das gilt für das Fragment einer Wandverzierung aus dem sagenumwobenen Königspalast wie für das Kalksteinrelief unbekannter Herkunft.
Ramses: Ehemann und Vater
Der Pharao als Ehemann und Vater – diesem Thema ist sogar ein eigener Bereich gewidmet. Manches mag aus heutiger Sicht ziemlich verstörend wirken, denn zu den „großen Gemahlinnen“ des Pharaos gehörten drei seiner eigenen Töchter. Zahlreiche Inschriften bezeugen die Schönheit seiner Frau Nefertari, die eine ganz besondere Stellung einnahm, da sie als einzige seiner Gemahlinnen Briefwechsel vollzog und Verhandlungen führte. Insgesamt brachten die Frauen fast 100 Kinder zur Welt, 40 Söhne und 45 Töchter – eventuell auch mehr, denn die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. Diese Vielzahl wird illustriert, indem an einer der Wände ein Kreis gemalt ist. Inmitten sitzt der Pharao selbst, um ihn herum werden Frauen und Kinder dargestellt. Neben dem großen Herrscher werden Exponate aus seinem Familienkreis wie Fundstücke aus Nefertaris Grab und seinem Sohn Chaemwaset gezeigt, ebenso die pompösen Sargdeckel. Auch der Alltag unter der Zeit des großen Herrschers wird thematisiert. Unter anderem ist eine Babyflasche aus Keramik, eine Leihgabe aus Heidelberg, zu sehen. Durch Inszenierungen und durch die Anordnung der Vitrinen in Pyramidenart veranschaulicht die Ausstellung ihr Anliegen: Sie macht von vorneherein deutlich, wie sehr die Ramessiden-Dynastie versuchte, die Amarna-Zeit vergessen zu machen. Am Ende der Ausstellung wird es noch einmal gewaltig, die Hegemonieansprüche werden gigantisch präsentiert: Da liegt sie, eine kolossale Faust, die 1390 Kilogramm schwer ist und einen Meter misst!
Ramses: spielerisch entdecken im Lab
Als Schmankerl gibt es obendrein noch einen Raum zum Spielen und Entdecken: Das Ramses-Lab. Die Mumie von Ramses II. wird hier zwar nicht im Original gezeigt, da sie in einer Vitrine im Ägyptischen Museum in Kairo liegt, dafür aber eine rekonstruierte Mumie. In dem Lab kann der Besucher außerdem noch einiges über die Einbalsamierungskünste der alten Ägypter erfahren. Ausgestellt ist auch eine echte Katzenmumie, die an einer Medienstation auch interaktiv entdeckt werden kann. An einer anderen Station erfährt man zum Beispiel auch, dass die Einbalsamierer dem toten Ramses einst den Rücken und mehrere Halswirbel brachen – sonst hätte der bucklige Pharao nicht in den Sarkophag gepasst.
Viele Medienstationen bieten vertiefende Informationen über die Bauprojekte des Pharaos – etwa die einstige Hauptstadt Pi-Ramesse. Ein mediales Highlight ist zudem die fotografische Reproduktion eines Reliefs aus Abu Simbel, das die Schlacht von Kadesch zeigt. Projektionen und Toneffekte erwecken es zum Leben.
#ramseslebt in Karlsruhe: ein Fazit
Auf rund 1000 Quadratmetern gibt das Landesmuseum einen Einblick in die Blütezeit der ramessidischen Epoche. Allein der Pariser Louvre hat dafür 50 Objekte verliehen, darunter ein farbenprächtiges Relief, das eine Begegnung Ramses II. mit dem Falkengott Horus darstellt. Die große Ramses-Schau in Karlsruhe lässt kaum etwas aus. Sie profitiert sogar vom neuesten Wissen, dass der Pharao braune Augen hatte und nicht etwa an Altersschwäche, sondern an der Blutvergiftung durch einen Abszess im Unterkiefer starb. Die Ramses-Ausstellung vermittelt anhand von Modellen und überdimensionalen Inszenierungen neben einer gewaltigen Monumentalität auch einen unvergesslichen Eindruck. Zu den Exponaten gehören Statuetten fremder Götter und wertvolle Gastgeschenke des Pharaos an seine Nachbarn, die zum Teil noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen waren.
Das Ausstellungskonzept ist durchdacht, die Architektur funktioniert. Man kommt an und ist gefangen in der Aura des Pharao. Und wer eine Zeitreise machen will, dem empfehlen wir eine Führung mit Herrn Belzoni, einem italienischen Zirkusartisten, Abenteurer und Hydrauliktechniker. Ohne ihn wäre die gewaltige Büste des Ramses II. wohl nie nach London gekommen. Neugierig? Auf der Seite des Museums gibt es sämtliche Veranstaltungshinweise!