Zu dem zukunftsrelevanten Thema Inklusion und Diversität fand am ersten Adventwochenende (03.-04.12.2017) die Tagung „Für eine inklusive Gesellschaft. Diversität und das Museum von Morgen“ in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn statt. Diese knüpfte an die Ergebnisse des zweijährigen Projekt „Pilot Inklusion“ an (2015-2017), in dessen Rahmen sechs Institutionen inklusive Vermittlungskonzepte erarbeiteten und umsetzten. Dessen öffentliche Reflexion blieb jedoch leider aus. Eine Ausstellung im Rahmen des Projektes aus der Bundeskunsthalle ist die, vergangen rezensierte Ausstellung „TOUCHDOWN“.
Neben vier Vorträgen gab es ein offenes Diskussionspanel, in dem Kleingruppen Fragen zu Inklusion, Diversität und der Zukunft des Museums bearbeiten. Resümierend über die momentane und zukünftige Situation von Inklusion in deutschen Museen gab es eine Podiumsdiskussion, die die Ergebnisse der beiden Tage aufgriff. Den Abschluss der Tagung bildete ein Rundgang durch die mit inklusiven Einheiten durchzogene Sonderausstellung „Wetterbericht. Über Wetterkultur und Klimawissenschaft“. Neben Fragen wie die Inklusion im Museum stattfinden, gelingen und nachhaltig sein kann oder warum inklusive Angebote immer noch selten sind, stellten sich weitreichendere Fragen: Was ist die Rolle des Museums in einer diversen Gesellschaft? Wie kann das Museum auch in Zukunft gesellschaftsrelevant bleiben?
Deutungshoheit abgeben – Community Curator einstellen
Ein inspirierender Redebeitrag war die erste Key Note „Soziale Inklusion als Haltung“ von Léontine Meijer-van Mensch, Programmdirektorin des Jüdischen Museum Berlins. Sie machte deutlich, dass Inklusion mehr ist als nur Barrierefreiheit. Diese hängt auch stark vom Bewusstsein aller MuseumsmitarbeiterInnen eines Hauses ab. Gewandelt werden könne diese mit einem „Mission-Vision-Konzept“, das Ziele und Standpunkte vom Konzept eines Hauses klar definiert und festsetzt. Darüber hinaus plädierte Meijer-van Mensch stark für die Schaffung neuer Arbeitsbilder, die ebenso zum Überdenken des Arbeitsbereiches der KuratorInnen und KustodInnen einlädt. Letztere müssen sich intensiver in die Schnittstelle zwischen Ausstellen und Vermitteln begeben umso inklusivere Ausstellungen von Anfang an zu ermöglichen. Dafür seien auch neue Professionelle wie die „Community Curator“ von Nöten. Diese sind in den Bereichen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, dem Kuratieren und der Vermitteln tätig. Als eine Art MediatorInnen kümmern sie sich um den Kontakt zu den Gruppen und Personen die in Projekte einbezogen werden.
Daniel Neugebauer ging in seiner Key Note einen Schritt weiter und forderte dazu auf die kuratorische Deutungshoheit abzugeben und einen Dialog zwischen BesucherInnen als Teil der Gesellschaft, KünstlerInnen und MuseumsmitarbeiterInnen zu schaffen. In diesem Falle gibt das Museum seine Rolle als Botschafter von Inhalten auf und begibt sich in die Rolle des Empfängers. Das van Abbenmuseum geht diesen Weg in dem es Aktivisten eine Plattform bieten, über die diese mittels Ausstellungen auf sich und relevante Themen aufmerksam machen können. Die Diversität in der Gesellschaft und damit auch die Inklusion im Museum beziehen sich schließlich ebenso auf Menschen mit unterschiedlichster Sexualität, Sprache, Religion und Herkunft, wie Neugebauer unter anhand genderneutraler Toilette verdeutlichte.
Diversität als Ressource
Es verwunderte sehr (und doch auch wieder nicht), dass im Plenum überwiegend VermittlerInnen saßen und die Leitungen der Museen weniger präsent waren. Immerhin ist die Chance, die in Inklusion steckt auch für die Museumsbranche nicht zu verkennen. Das sogenannte „Diversity Management“, eine aus der Wirtschaft kommende Praxis, birgt nicht nur eine Verbesserung des Images, sondern kann durch gezieltes Produktmarketing, in Form von spezifischen Angebote, neue Besuchergruppen aktiveren. Einzugestehen ist hier aber, dass diese Methode ebenfalls Ressourcen wie Personal, Geld und Zeit benötigt – drei in Museen knappe Kapazitäten. Angestoßen wurde diese Idee von der Soziologin Elisabeth Tuider, deren einführender Beitrag gegenwärtige gesellschaftliche Fakten, wie zum Beispiel die von Deutschland als Migrationsland und geschlechtlicher Diversität bearbeitete. Ihr Vortrag hätte sicher als Einstieg in die Tagung Grundfrage nach den Grenzen der Inklusion passend bearbeitet.
Im zweiten Teil der Berichterstattung wird näher auf das Potential der Inklusion anhand von Beispielen eingegangen.
Bildquelle: Titelbild Gerd Altmann (Pixabay), Artikelbilder: Nicole Naumann