Im Zuge von Restaurationsarbeiten wurde bei der technischen Untersuchung eines Kirchner-Gemäldes ein verschollener Schatz zum Vorschein: Fast 90 Jahre war das Gemälde unentdeckt – bis jetzt! Als Mitarbeiter dessen Werk „Schlittenfahrt im Schnee“ von 1927 – 1929 untersuchten, entdeckten sie unter der Leinwand das Bild „Szene im Café“. Dieses ist sehr wahrscheinlich früher entstanden. Eine Neuentdeckung wie diese könne erst einmal verblüffen, so das Städel Museum. Für Kirchner sei es jedoch nicht ungewöhnlich mehrere Leinwände auf ein und denselben Rahmen aufzuspannen. Grund ist, dass er zu dieser Zeit offenbar zu wenig Leinwände hatte. Doch dies ist kein Einzelfall, denn weitere Beispiele von übereinander gespannten, bemalten Leinwänden Kirchners wurden schon 1969 und 1970 am Bündner Kunstmuseum Chur entdeckt. Dort fanden Mitarbeiter unter den Werken „Bergwald“ (1937) und „Augustfeuer“ (1933-35) ebenfalls Leinwände mit früheren Kompositionen.
Die Restauratoren des Städel Museums vermuten, dass das Werk um 1926 entstanden ist. Zu der Zeit hatte sich Kirchner bereits seit acht Jahren in die Nähe des Schweizer Ortes Davos zurückgezogen. In dieser Zeit veränderte sich sein Stil maßgeblich: Die zackige, nervös wirkende Linienführung seines Frühwerks wich einer betont flächigen Malweise und einem oft rigiden, stark abstrahierenden Bildaufbau – er hatte seinen persönlichen Stil gefunden. Während viele der damals entstandenen Werke das ländliche Leben in den Bergen thematisieren, verweist Szene im Café auf Kirchners fortwährendes Interesse am urbanen Alltagsleben.
Beide Gemälde sind ab sofort bis März 2017 als Teil der Kabinettpräsentation „Über das Untersuchen, Finden und Restaurieren von Bildern“ im Sammlungsbereich Kunst der Moderne ausgestellt. Anhand von fünf Beispielen will das Städel damit einen Einblick in seine aktuelle Forschungs- und Restaurierungstätigkeiten bieten.
Bildquelle: Unsplash (Pixabay)