In der präventiven Konservierung gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie Sammlungen vor einer Verschlechterung durch Interaktion mit der Umgebung geschützt werden können. Man kann schon fast sagen, dass ein Objekt bereits ab dem Zeitpunkt des Erstellens beginnt sich zu verschlechtern. Die Faktoren, die eine Verschlechterung verursachen können, sind die sogenannten „agents of deterioration“. Im Folgenden werden vier dieser Arten besprochen, die unter dem Begriff Umwelt zusammengefasst werden können. Zu ihnen zählen Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Licht und Luftverschmutzung. Der wichtigste Teil eines präventiven Schutzprogramms ist zu verstehen, wie die sich die Umwelt im Museum sowie im Depot auf die Sammlungen auswirkt. Diese Gefahren im Hinblick auf eine mögliche Zustandsverschlechterung der Objekte muss überwacht und gesteuert werden. Hierfür sollte idealerweise ein „kritisches Auge“ entwickelt werden. Diese Fähigkeit ermöglicht es, aktiv Verschlechterungen und ihre Ursachen zu identifizieren. Das „kritische Aug“ ist also ein Weg, um Objekte, ihre Bedingungen und Gründe für die Veränderung des Zustands zu bewerten und zu identifizieren. Diese Fähigkeit entwickelt sich über einen Zeitraum, durch Training und Erfahrung. Hier sollten immer wieder drei wesentliche Fragen gestellt werden: Was geschieht? Warum tritt es auf? Was bedeutet das?
Der Konservator als kritisches Auge
Das „kritische Auge“ ist also ein geschultes Auge. Es fokussiert die Materialien und die Struktur des Objekts und sucht visuelle Hinweise auf Vertreter der Beeinträchtigung der Umwelt. So werden ohne weiteres Gefahrenzeichen erkannt, dokumentiert und in dem Zustand der Museumssammlungen geordnet. Ebenso werden Maßnahmen durchgeführt, um die Verschlechterung zu verlangsamen oder gar zu stoppen. Beispiele für Probleme, die das geschulte Auge erkennt sind folgende:
- Sonnenlicht fällt auf eine lichtempfindliche Oberfläche
- Kondenswasserbildung an kalten Oberflächen
- Wasserflecken an Decken oder Wänden
- Insektenreste und Mäusedreck
Ebenso müssen folgende Themen erlernt werden, um das „kritische Auge“ zu schulen:
- Arten von Materialien, die eine Museumssammlung bilden
- Inhärente Eigenschaften von Objekten
- Arten der Verschlechterung
Der Erfolg eines präventiven Konservierungsprogramm beruht auf einer Erfassung, Aufzeichnung und Auswertung all dieser Informationen, um Lösungen zu finden und um Umweltfaktoren, die für eine Museumssammlung schädlich sind, zu minimieren.
Welche Veränderungen gibt es?
Eine Verschlechterung ist jede physikalische oder chemische Zustandsveränderung eines Objekts. Eine Verschlechterung ist unvermeidlich. Es ist ein natürlicher Prozess, bei dem ein Objekt mit seiner unmittelbaren Umgebung einen Zustand im physikalischen und chemischen Gleichgewicht erreicht. Die Arten der Verschlechterung können in zwei große Kategorien unterteilt werden: natürlicher Verfall und chemische Verschlechterung. Beide Typen treten häufig gleichzeitig auf. Chemische Verschlechterung ist eine Änderung in einem Objekt, das eine Veränderung der chemischen Zusammensetzung umfasst. Es ist eine Veränderung auf atomarer und molekularer Ebene. Chemische Veränderung tritt in der Regel aufgrund einer Reaktion mit einer anderen chemischen Substanz (Umweltverschmutzung, Wasser, Schädlingsabfall) oder Strahlung (Licht und Wärme) auf. Beispiele für chemische Veränderungen sind:
- Oxidation von Metallen (Rosten)
- Korrosion von Metallen und Stein, verursacht durch Luftverschmutzung
- Schäden an Pigmenten, die durch Luftverschmutzung oder Reaktion mit anderen Pigmenten bedingt sind
- Färbung von Papierdokumenten durch benachbarte saure Materialien
- Verblassen von Farbstoffen und Pigmenten
- Verdunkelung von Harzen
- Verdunkelung und spröde werden Zellstoffpapieren
- Brennen oder Anbrennen des Materials in einem Feuer
- Spröde werdende Textilfasern
- Bleichen von vielen organischen Materialien
- Vernetzung (Entwicklung zusätzlicher chemischer Bindungen) aus Kunststoff
- Durch wachsende Pilze verrottendes Holz
Die physikalische Verschlechterung ist eine Änderung in der physikalischen Struktur eines Objekts. Das heißt, hier findet eine Änderung an einem Objekt statt, das keine Änderung in der chemischen Zusammensetzung aufweist. Physikalische Beeinträchtigung wird häufig durch Veränderungen von Temperatur, relativer Feuchtigkeit oder Wechselwirkung mit einigen mechanischen Kräften verursacht. Beispiele für physikalische Verschlechterung sind:
- Schmelzen oder Erweichen von Kunststoffen, Wachsen und Harzen, meistens wird dies durch hohe Temperaturen verursacht
- Rissbildung in Holz, durch Schwankungen in der relativen Feuchtigkeit verursacht
- organische Materialien, die sich durch eine hohe relative Luftfeuchtigkeit verziehen
- Abplatzungen, die durch Rissbildung oder durch Aufprall verursacht wurden
- weiches Material, das durch härteres Material abgerieben wird
- Strukturversagen (wie Metallermüdung, Risse in Papier oder Textilien)
- Verlust von organischem Material durch Insekten oder deren Larven
- Verfärbungen an Textilien und Papier, verursacht durch Schimmel
Die physikalische und chemische Verschlechterung sind miteinander verknüpft. Denn chemische Veränderungen in Textilien, die durch Wechselwirkung mit Licht verursacht wurden, können die Strukturen so schwächen, dass es zu physikalischen Schäden wie Rissen kommen kann.
Weiterführende Artikel zur präventiven Konservierung, die bereits auf museumswissenschaft.de erschienen sind:
Präventive Konservierung – eine Einführung
Bildquelle: Pseudonym „fsHH“ (Pixabay)